Mit 4D-Druck entstehen wandelbare Objekte

Fahrzeuge, deren Karosserie sich an die Fahrtgeschwindigkeit anpasst, Wasserschläuche, die auf Wasser mit Wellenbewegungen reagieren und es so ohne Pumpe transportieren - mit 4D-Druck soll das möglich werden.

Adrienne Vögeli

19. Oktober 2017

4D-Druck ist eine spezielle Anwendung des 3D-Drucks

Der Forscher Skylar Tibbits (MIT) entwickelte mit 3D-Druckern Objekte, die ihre Form später selbstständig verändern können. Diese zeitliche Komponente als vierte Dimension macht gemäss seiner Definition aus dem 3D-Druck den 4D-Druck.

Formveränderung wird ins Objekt «einprogrammiert»

Die spätere Form eines 4D-Objekts wird beim Druck in die Struktur des Objekts eingebaut. Technologisch funktioniert das so:

  • Als Baustoff dient eine Mischung aus Materialien, die sich unterschiedlich verhalten, wenn sie einem auslösenden Reiz wie Temperatur, Feuchtigkeit, Licht oder Vibration ausgesetzt werden.
  • Für die Herstellung braucht es 3D-Drucker. Denn die sind fähig, die verschiedenen Materialien so übereinander und ineinander zu drucken, dass eine genau definierte Struktur entsteht
  • Wird ein solches 4D-Objekt zum Beispiel hoher Feuchtigkeit ausgesetzt, beginnen sich einzelne Bereiche stark auszudehnen, andere aber nicht. Dadurch verändern sich das Volumen und die Form des Objekts.

Ein konkretes Beispiel zeigt dieser Film eines Laborexperiments: Film auf Vimeo.
Gezeigt wird in diesem Video, wie ein flaches Kunststoff-Gebilde ins Wasser gelegt wird und sich dort zu einem Würfel auffaltet. Die in die Form eingebauten, scharnierähnlichen Strukturen beginnen im Wasser, sich auszudehnen, und klappen dadurch die wasserunempfindlichen Seitenwände hoch.

Eine solche Veränderung der Form kann einmalig sein, etwa bei einer Gebäudekuppel, die in flachem Zustand transportiert wird und sich erst am Bestimmungsort zur Kuppelform wölbt. Oder es kann sich um wiederkehrende Veränderungen handeln wie bei der variablen Karosserie, die sich flexibel und kontinuierlich dem Fahrtwind anpasst, vergleichbar mit Anemonen, die ihre Blütenkelche immer zur Sonne hin ausrichten.

Beispiele aktueller 4D-Forschungsgebiete

  • Implantate, die möglichst klein und kompakt in den Körper eingesetzt werden und sich erst am Bestimmungsort zu ihrer endgültigen Grösse und Form auffalten. Sie werden aus Bimetall-Legierungen (Memory-Metalle) gefertigt und verändern sich durch einen kurzen Wärmeimpuls.
  • Flache Gitterstrukturen, die sich zu tragfähigen Strukturen aufklappen können. Sie bestehen aus elastischen und starren Polymeren (Kunststoffen), die sich unterschiedlich verhalten, wenn sie Druck, Vibrationen oder Ultraschall ausgesetzt werden.
  • Osteosynthese-Plättchen, die nach einem Knochenbruch mit den Knochen mitwachsen können und so Kindern mehrere Folgeoperationen ersparen.

Welche Anwendungen wirklich realisiert werden, ist noch nicht absehbar – die Forschung steht erst am Anfang. Auch noch unklar ist, ob sich der Begriff 4D-Druck in der von Skylar Tibbits festgesetzten Bedeutung durchsetzen wird. Denn fast täglich kommen Meldungen über neue 4D-Druck-Projekte, die den Begriff immer wieder anders auslegen.

Sicher ist jedoch, dass irgendwann jemand eine neue Eigenschaft als 5. Dimension bezeichnen und damit den 5D-Druck ausrufen wird. Wir können gespannt sein.