Blackbox Forschung: Finanzchefs müssen den Durchblick haben

Forschung ist ein wichtiger Faktor, um sich erfolgreich als zukunftsorientiertes Unternehmen zu positionieren. In Konzernen stellt sich die Frage, wie die Forschungsaktivitäten unter den einzelnen Gruppengesellschaften aufzuteilen sind. Eine internationale Lösung ist nicht nur aus der Kostenperspektive interessant.

Michael Mayer

19. Februar 2020

Je nach Produkt gibt es klimatische, regulatorische oder anwendungstechnische Gründe, eine Forschungseinrichtung in einem bestimmten Land anzusiedeln. Wird nicht nur an einem Standort, sondern in unterschiedlichen Ländergesellschaften geforscht, wird es auch für die Finanzabteilung interessant und ebenso herausfordernd. Forschungschefs werden bei der Strukturierung ihrer Organisation nicht in erster Linie an steuerliche Auswirkungen denken. Hier kann die Finanzabteilung einen wichtigen Beitrag erbringen.

Viele ausländische Staaten gewähren teilweise sehr grosszügige Abzugsmöglichkeiten bei der Bemessung des steuerbaren Gewinns. Zum einen will man damit hochqualifiziertes Personal anziehen, und zum anderen sind wohl die Lizenzerträge von grossem Interesse: Die Forschung führt zu neuen Produkten, Patenten und technischem Wissen – das alles wird von Schwestergesellschaften genutzt, um Umsätze zu generieren. Auf dem erzielten Umsatz wird üblicherweise eine Lizenzgebühr in Form einer Royalty erhoben. Es versteht sich fast von selbst, dass es hier um sehr grosse Erträge gehen kann, welche die betreffende Forschungsgesellschaft zu einem attraktiven Steuersubjekt machen.

Um insgesamt möglichst steuereffizient zu sein und damit kein internes Verrechnungschaos entsteht, wird normalerBlackbox Forschung: Warum Finanzchefs dennoch den Durchblick haben müssen weise das Eigentum an allen Forschungs- und Entwicklungsresultaten in eine zentrale Gesellschaft überführt. In der Praxis sind zwei Verrechnungsmöglichkeiten bekannt: Entweder übernimmt die zentrale Forschungsgesellschaft die gesamten Projektkosten inklusive der zentralen Projektsteuerung von Anfang an und unabhängig vom Ergebnis oder es werden die Erkenntnisse mit Marktchancen bewertet und zu Marktwerten an die zentrale Forschungsgesellschaft verkauft. Dies kann unter Umständen kostspielig werden, da dabei das Marktpotenzial und nicht mehr der Forschungsaufwand für die Bewertung massgebend ist, was zu steuerlich ungünstigen Verschiebungen innerhalb des Konzerns führen kann.

Eine Abgeltung der Leistungen ist nicht nur aus steuerlicher Sicht notwendig, sondern auch für die Beurteilung des lokalen Managements, da dieses an der Wertschöpfung seiner Gesellschaft gemessen wird.

Wichtig ist, dass man sich bei der Entscheidungsfindung der vielfältigen Aspekte der Organisation der Forschungsaktivitäten bewusst ist und berücksichtigt, welche administrativen und personellen Ressourcen nötig sind.

Je internationaler eine (Forschungs-) Organisation aufgestellt ist, desto wichtiger ist es, steuerliche Aspekte in strukturelle Entscheidungen einzubeziehen. Es ist ratsam, die Entscheidungsträger auf lokaler Ebene wie auch auf Konzernstufe auf die erwähnten Aspekte zu sensibilisieren. Dadurch können Forschungsergebnisse und die daraus resultierenden Finanzansprüche von Anfang an optimal alloziert und Steuerrisiken minimiert werden.

Publiziert bei Rechnungswesen & Controlling, Ausgabe 2 I 2018