Von der Cash-Badewanne

«Stell dir das Working Capital Management als Kapitalbadewanne vor – und achte darauf, dass mehr Cash zu- als abfliesst», sagte einst ein Kollege zu mir. Das Bild ist gut, es überdauerte die Jahre. Als Unternehmensleiter sind wir mit dieser Situation gefordert und gehen sie mit dem Cash-to-Cash Cycle systemisch an.

Peter Wehrli

14. Juli 2016

Im Wesentlichen geht es um die Elemente Forderungslaufzeit, Bestandesreichweite und Kreditorenlaufzeit. Je kürzer der ganze Zyklus ist, je weniger Zeit verstreicht zwischen Geld Zu- und Abfluss desto weniger Kapital ist gebunden. Schaffen wir es, die Forderungen schneller einzubringen, die Lagerdauer zu verkürzen, verlängern dafür die Zahlungsziele der Verbindlichkeiten, ist Kapital freigesetzt, das anderweitig eingesetzt werden kann. Oder eben: die Badewanne ist etwas mehr gefüllt.

Der Prozess ist gesamthaft anzugehen, da wir uns in einem Spannungsfeld befinden: Der Debitor ist auch ein Kunde, den wir pflegen wollen, die Lieferbereitschaft ist ein wichtiges Verkaufsargument und die Kreditoren sind auch Lieferanten, mit denen wir oft in einer gewissen Abhängigkeit stehen.

Beispiel Debitorenmanagement

Am Beispiel des Debitorenmanagements sei hier ein mögliches Vorgehen skizziert. Dabei betrachten wir das Debitorenmanagement als umfassenden Prozess von der Auftragsabwicklung bis zum Zahlungseingang. Jeder Teilprozess ist zu durchleuchten und auf seine Effektivität und Effizienz hin zu prüfen. Hier versickert, um beim Bild der Badewanne zu bleiben, schon einiges an Kapital. Um Zahlungsausfälle zu vermeiden, stehen einerseits die präventiven und anderseits die reaktiven Massnahmen zur Verfügung, die wiederum aufeinander abgestimmt eingesetzt werden sollten. Wir stellen im Sinne der Prävention sicher, dass mit standardisierten Verträgen, rechtzeitiger (wenn möglich elektronischer) Rechnungsstellung und vor allem mit einer Bonitätsprüfung die möglichen Risiken minimiert werden. Gerade im Bereich der Bonitätsprüfung stellte die Universität St. Gallen in einer Studie, die sie in Zusammenarbeit mit der Postfinance 2014 erarbeitet und 2015 fortgeführt hatte, erhebliche Schwächen fest. Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen ordnet ihren Kunden keine und nur unvollständige Risikowerte zu. Die Massnahmen, die im Falle von Zahlungsverzögerungen ergriffen werden (reaktiv), sind im Alltag besser verankert, wenn auch ihre Wirksamkeit noch zu wenig systematisch ausgewertet wird. Zu diesen Massnahmen zählen wir insbesondere ein klar geregeltes und konsequent eingesetztes Mahn- und Inkassoverfahren.

Das systemische Management des Working Capitals ist für KMU genauso anzugehen, wie für Grossbetriebe – oder mit den Worten meines Kollegen gesprochen: es ist an der Zeit, die Cash-Badewanne zu popularisieren.