AG und GmbH: «Elektronische Generalversammlungen»

Der Frühling ist die Zeit der Generalversammlungen. Soll man an diese Veranstaltungen fahren, oder kann man sich via Internet daran beteiligen? So fragt man sich – aus Kostenüberlegungen oder auch als ausländischer Aktionär eines Schweizer Unternehmens. Was rechtlich möglich bzw. geplant ist, beleuchtet der folgende Beitrag.

Josef Studer

17. Juni 2016

Im Frühling finden die Generalversammlungen vieler Aktiengesellschaften und GmbHs statt. Grundsätzlich ist die Generalversammlung als ein Zusammenkommen der Aktionäre gedacht. In der heutigen Zeit mit Sitzungen via Internet, Chatrooms, Lernräumen u. ä. stellt sich die Frage, ob die Generalversammlung nicht auch elektronisch stattfinden könnte.

Kann die Einladung zu einer Generalversammlung elektronisch erfolgen?

Gemäss dem zwingenden Art. 696 Abs. 2 OR haben Informationen, wie z. B. der Jahresbericht, an die Namenaktionäre schriftlich, an die Inhaberaktionäre durch Bekanntgabe im Schweizerischen Handelsamtsblatt zu erfolgen. Der Verwaltungsrat hat im Streitfall zu beweisen, dass dies korrekt geschehen ist. In der Praxis wird mit der Information gleich die Einladung an die GV verbunden. Die Statuten können andere Formvorschriften vorsehen. Es ist somit möglich, mit Einverständnis der Aktionäre eine Einladung via E-Mail zu versenden. Dabei erhalten die Aktionäre Zugang zu einer Plattform, auf der sie sich anmelden können. Sie erhalten dann die Einladung und die Traktandenliste elektronisch. Wer als Aktionär an der GV teilnehmen will, meldet sich auf der Plattform an und erhält die Eintrittsdokumente per Post. Wer nicht teilnehmen will, kann auf der Plattform Weisungen an den sogenannten unabhängigen Stimmrechtsvertreter erteilen. Selbstverständlich können diese Weisungen jederzeit geändert werden. Der unabhängige Stimmrechtsvertreter sieht auf derselben Plattform, wie er zu den einzelnen Traktanden abstimmen muss. Die Betreiber der Plattform werden Nutzungsbedingungen erlassen und darin die Haftung für den Ausfall des Internets u. ä. ausschliessen.

Elektronische Teilnahme an der Generalversammlung?

An der Generalversammlung sollen sich die Aktionäre ein Bild machen können, Anträge stellen und ihre Voten abgeben. Zulässig ist, dass eine «physische GV» abgehalten wird und sich die abwesenden Aktionäre – mit ihrem Einverständnis – via Internet daran beteiligen. Die Stimmabgabe erfolgt dabei entweder über die Weisung an den unabhängigen Stimmrechtsvertreter in der GV oder direkt via Internet. Dazu muss sichergestellt werden, dass nicht Unbefugte teilnehmen, dass die Stimmabgabe nicht verfälscht wird (Verschlüsselung) und dass es zu keinen technischen Störungen kommt. Eine Generalversammlung ohne physische Anwesenheit ist rechtlich kritisch. Hier erhält jeder Aktionär nur ein bestimmtes Zeitfenster, um seine Stimme elektronisch abzugeben. Eine solche sogenannte Cyber-Generalversammlung (oder virtuelle GV oder Internet-GV) ist gemäss heute geltendem Recht jedenfalls nicht gegen den Willen der Aktionäre möglich. In der laufenden Revision des Aktienrechts ist vorgesehen, die Teilnahme an und die Durchführung von Generalversammlungen rein elektronisch zuzulassen (auch gegen den Willen eines einzelnen Aktionärs). Wie diese Bestimmungen genau aussehen und wann sie in Kraft treten werden, ist allerdings noch völlig offen.