Das Tiefzinsumfeld und seine Auswirkungen auf die Lebensversicherer

Die Lebensversicherer spielen in der beruflichen und privaten Vorsorge der Schweiz eine wichtige Rolle: Sie übernehmen Risiken aus Alter, Tod und Invalidität. Die Übernahme dieser Risiken muss von den Lebensversicherern hinreichend finanziert sein und langfristig gesichert werden können. Die anhaltende Tiefzinsphase stellt die Versicherer in verschiedener Hinsicht vor Herausforderungen.

22. April 2016

Geringere Anlageerträge

Die sehr tiefen und teilweise sogar negativen Zinsen erschweren die Anlage von Neugeldern ebenso wie die Wiederanlage von Kapital aus auslaufenden Anleihen. Das überwiegend in festverzinslichen Wertpapieren angelegte Kapital der Versicherten wirft nur wenig Ertrag ab. Um dennoch die gesetzlichen Mindestverzinsungsvorschriften in der zweiten Säule erfüllen zu können, müssen seitens der Lebensversicherer daher dosiert grössere bzw. andere Anlagerisiken eingegangen werden.
Der BVG-Mindestzinssatz definiert, wie hoch das Alterskapital aus der zweiten Säule in einem Jahr mindestens verzinst werden muss. Aufgrund des weiterhin schwachen Zinsumfelds ist dieser Mindestzinssatz vom Bundesrat für das Jahr 2016 bei 1,25 Prozent festgelegt worden, nachdem er im Vorjahr noch 1,75 Prozent betragen hatte. Noch 2002 lag der BVG-Mindestzinssatz bei vier Prozent. Es ist davon auszugehen, dass der BVG-Mindestzinssatz bei anhaltend schwachem Zinsumfeld mit geringen Ertragsmöglichkeiten weiter sinken wird.

Finanzierungslücken aufgrund der Alterung der Bevölkerung

Seit Einführung des BVG 1985 hat die Lebenserwartung um rund vier Jahre zugenommen. Das ist auf der einen Seite erfreulich, auf der anderen Seite führt dies in der Vorsorge zu einer längeren Rentenbezugsdauer, die finanziert werden muss. Anders als bei der 1. Säule (AHV/IV), bei der im Umlageverfahren die aktiven Beitragszahler (Aktivgeneration) die Rentnerinnen und Rentner finanzieren, gilt für die zweite und dritte Säule das sogenannte Kapitaldeckungsverfahren: Während der Aktivzeit werden persönliche Beiträge (inkl. Zins) angespart und im Leistungsfall (Alter, Invalidität, Tod) als Rente oder Kapital ausbezahlt. Die länger auszuzahlenden Renten und das anhaltende Tiefzinsniveau führen zu einer Finanzierungslücke, die es auszugleichen gilt. Die Lebensversicherer tun dies über eine Senkung des Umwandlungssatzes in der überobligatorischen Vorsorge und eine Erhöhung der Risikoprämie, die Versicherten über eine Erhöhung der planmässigen Altersgutschriften, freiwillige Einkäufe in die Pensionskasse oder den Aufbau einer persönlichen Vorsorge.

Höhe der Mindestquote als weiterer Zankapfel

Die Mindestquote («legal quote») definiert, welcher Mindestanteil an den massgebenden Erträgen (bestehend aus Risikoprämie, Kostenprämie und Kapitalerträgen) vom Lebensversicherer an die Versicherten auszuschütten ist. Aktuell beträgt dieser Anteil 90 Prozent, womit dem Versicherer maximal 10 Prozent der Erträge zustehen. Im Rahmen der Reform «Altersvorsorge 2020» schlägt der Bundesrat eine Erhöhung der Mindestquote auf 92 Prozent vor. Würde die Mindestquote erhöht, stünde den Versicherern weniger Risikokapital zur Verfügung, womit sie letztlich auch weniger Anlageerträge in einem ohnehin schon schwachen Zinsumfeld erwirtschaften könnten.

Fazit

Die Lebensversicherer sind an verschiedenen Fronten (hart) gefordert. Es darf aber festgestellt werden, dass sie diesen Herausforderungen gut gewachsen sind und trotz schwierigen Zinsbedingungen insgesamt eine ausreichend hohe Solvenz ausweisen. Das ist eine erfreuliche Tatsache im Hinblick auf die Zukunft.