Drücken Sie ein Auge zu!

Die Verunsicherung bei Stellenbewerbenden ist gross. Die vielen Ratschläge für perfekte Bewerbungen, die auf Jobportalen und vermehrt auch in der Wirtschaftspresse gegeben werden, machen eher ratlos. Sie sind von vieldeutig bis widersprüchlich, die Meinungen könnten nicht weiter auseinander liegen. Man könnte denken, dass es fast so viele Meinungen und Empfehlungen zu Inhalt und Gestaltung, zu Dos und Don‘ts in einem Lebenslauf gibt wie Menschen auf der Welt.

Christoph Hilber

23. August 2016

Ich will nun nicht auch noch eine Meinung dazu abgeben, sondern die Rekrutierenden dafür sensibilisieren, warum viele eingereichte CVs nicht genau ihren Vorstellungen entsprechen dürften. Vermisst man Angaben, kann es sein, dass der Bewerbende schlicht den «falschen» Tipps gefolgt ist.

Was ein CV beinhalten sollte

Schöne Logos der alten Arbeitgeber, Begleitschreiben handschriftlich oder mit PC, grafisch schick aufbereitet oder sachlich-funktional, mit oder ohne Unterschrift, mit oder ohne Foto, vollständig oder nur Kurz-CV zur Vorabklärung, in Word- oder PDF-Format, alles in einer Datei oder schön aufgeteilt? Alles auf einer Seite in Kleinstschrift oder schön grosszügig auf zehn Seiten verteilt inkl. Hobbys und Werkstudentenjobs, ja sogar einem Deckblatt für seine eigene Lebensgeschichte, Name auf jeder Seite gross, fett und dominant oben rechts oder klein und grau unten links? Ein Personalverband hat vor einiger Zeit eine Umfrage gemacht. Ergebnis: Ein CV sollte nicht länger als zwei Seiten umfassen und nicht mehr als zwei Fehler beinhalten. Nur haben aber die vielen Jobsuchenden über fünfzig einfach mehr und oft auch Wissenswertes in die Waagschale zu werfen als Lehrabgänger. Qualität oder Quantität?

Einige Firmen-Jobportale lassen zu, dass man sich direkt mit dem Xing- oder LinkedIn-Profil bewerben kann. Das ist natürlich ideal, um sich mit zwei Klicks für einen Job zu bewerben. Man spart Zeit und Mühe, um eine aussagekräftige Bewerbung zu erstellen, die einen Bezug zur ausgeschriebenen Stelle schafft. Am Smartphone im Ausgang ist das ja sowieso nicht möglich, oder?

Eine Option für die Stellenanbieter wäre, die Bewerbenden anzuleiten. Man könnte darauf hinweisen, ob das Xing-Profil genügt oder ob man eine umfassendere Bewerbung erwartet. Bei schlechter Wirtschaftslage dürfte dies einfacher umzusetzen sein, in der Hochkonjunktur wohl etwas schwieriger.

Die Kunst der Rekrutierenden wird sein, immer weniger Informationen immer besser zu interpretieren, um die wertvollen Interessenten auszuwählen. Der drohende Fachkräftemangel für die Profile 4.0 – also die Profile des Zeitalters der Digitalisierung – wird dazu führen, dass man sich noch mehr um die Talente reisst und bereit ist, auf minimalste Informationen im Lebenslauf zu setzen.

Eigentlich gibt es keine Gründe, eine schlechte Bewerbung einzureichen. Aber vielleicht lohnt es sich, mit Bewerbenden etwas grosszügiger umzugehen. Man könnte die verfügbaren Tools und Smartphones nutzen und z. B. vor dem eigentlichen Interview ein Skype- oder Whatsapp-Video-Gespräch einplanen, bei dem man seine Kernfragen beantwortet erhält. Das setzt voraus, dass man präzise Fragen hat und die zu besetzende Position sehr gut kennt. Und wenn man ohnehin genügend gute CVs erhält, dann kann man nur gratulieren!