Public Reputation in Krisenfällen

In einem Chemikalienlager bricht Feuer aus. Die Feuerwehr ist schnell zur Stelle. Diese bekämpft mit den geeigneten Mitteln den Brand. Rauchwolken steigen auf und bereits hört man an einem Lokalradio, dass gefährliche Dämpfe in die Umgebung entwichen seien.

Max Meyer

1. Juni 2016

Die ersten Journalisten treffen ein. Ein Werkarbeiter steht etwas verwirrt bei den Feuerwehrleuten. Da sich sonst niemand blicken lässt, wird er mit Fragen eingedeckt. Es entfährt ihm, es sei schon eine «Sauerei», dass jetzt ein Feuer ausgebrochen sei. Die Schlagzeile steht.

Die Meldung über das Feuer ist in der Zwischenzeit bei der Geschäftsleitung angelangt. Der PR-Chef zieht aus einer Schublade die in einem solchen Fall vorgesehene Informationspolitik. Er erreicht den obersten Chef. Dieser ist schockiert über den Vorfall. Er hat – in Abweichung des PR-Konzeptes – nicht die geringste Lust, selber den Journalisten Red und Antwort zu stehen. Seine Zeit sei dafür zu wertvoll. Er delegiert diese Aufgabe an den PR-Chef. Es kommt zu einer Pressekonferenz, eilends einberufen.

Der PR-Mann wird von einem Chemiker und einem Umweltspezialisten begleitet. Die Fragen der Journalisten sind bohrend bis penetrant. Es folgen hochtechnische Antworten und der Hinweis, für Mensch und Umwelt bestehe keine Gefahr. Der Börsenkurs am nächsten Tag taucht. Erst jetzt scheint der oberste Chef die Dimensionen des Zwischenfalls zu begreifen. Er lädt eine handverlesene Zahl von Journalisten und TV-Leuten ein. Es erscheinen nur wenige, da sie am Vortag bereits berichtet und dem Chef schriftlich einige Fragen zugestellt haben. Diese werden von einem Assistenten verfasst. Der Chef verlangt, dass die Antworten durch die Presseleute nicht gekürzt werden dürfen. Der PR-Chef weist vergebens darauf hin, dass dies kaum möglich sei.

Krisen-PR muss gut vorbereitet werden. Zuständigkeiten, Abläufe usw. sind festzulegen. Auch mögliche Arten von Zwischenfällen sind aufzulisten mit dem Hinweis auf denkbare Auswirkungen. Dem PR-Chef muss jederzeit bekannt sein, wo der Chef oder dann sein Stellvertreter erreichbar ist. Er gehört auch an die Geschäftsleitungssitzungen.

Die Presse als Vertreter der Öffentlichkeit will in Krisenfällen den obersten Chef persönlich befragen und anhören. Er allein verfügt über die entsprechende Kompetenz. Gegen aussen zeigt er, dass er die volle Verantwortung übernimmt, wenn ausserordentliche Ereignisse eintreten. Er kann Fachleute beiziehen, aber nur zur Ergänzung. Die Antworten müssen emotionslos, sachlich fundiert, nicht schöngefärbt oder verniedlichend herüberkommen. Es ist durchaus legitim, darauf hinzuweisen, dass noch Abklärungen zu treffen sind und die Resultate anschliessend bekannt gegeben werden. Die Reputation ist dann am besten geschützt, wenn die Öffentlichkeit überzeugt ist, dass man nichts verstecken, offen kommunizieren und sich nicht vor allfälligen Konsequenzen drücken will.