Bewusster Verzicht: Minimalismus als Lebensstil

Wie viel brauchen wir, um glücklich zu sein? Diese Frage stellen sich immer mehr Menschen. Der Minimalismus liefert mögliche Antworten.

Raphaela Haenggi

9. Mai 2023

Konsum, Eigentum und Wohlstand sind die treibenden Werte der Leistungsgesellschaft. Im Schnitt besitzt jede*r Schweizer*in zehntausend Dinge. Doch immer mehr Menschen sehnen sich nach einem einfacheren Leben, individueller Selbstbestimmung und Unabhängigkeit. Der Minimalismus stellt eine Gegenbewegung zum materialistisch geprägten Leben dar und hilft dabei, Dinge loszulassen und Platz für das Wesentliche zu schaffen. Bewusster Verzicht bedeutet keinesfalls, in Abgeschiedenheit fernab der Zivilisation zu leben. Schon kleine Veränderungen im Alltag können helfen, den Fokus auf die wichtigen Dinge, wie z.B. soziale Kontakte oder finanzielle Unabhängigkeit, zu richten.

Die Bedeutung von Minimalismus im Alltag

Minimalistisch zu leben, bedeutet konkret, sein Leben aufzuräumen, Struktur zu schaffen und sich von überflüssigen Dingen zu trennen. Dabei geht es nicht bloss darum, Materielles loszulassen. Freundschaften werden auf ein paar Wichtige reduziert, der Gesundheit wird mehr Sorge getragen und die persönliche Entwicklung und Selbstverwirklichung wird gefördert. Durch einen minimalistischen Lebensstil lässt sich Geld und Zeit sparen. Damit dies gelingt, können etablierte Methoden wie z. B. die folgenden angewendet werden:

  • 1. Die «Eat-the-Frog»-Methode: das Schlimmste gleich zu Beginn. Diese Methode hilft dabei, die Hemmschwelle zu überwinden, indem als Erstes ein Lieblingsobjekt verschenkt oder verkauft wird. Die Erkenntnis: Selbst scheinbar unverzichtbare Dinge bewirken kein glücklicheres Leben. Jeder weitere Schritt ist einfacher umsetzbar.
  • 2. Die Korb-Methode: Beim Rundgang durch die eigenen vier Wände kommen alle überflüssigen Dinge in einen Korb, bis dieser voll ist. Nach einer Woche dürfte sich die Wohnung langsam leichter anfühlen. Die Dinge werden verschenkt oder verkauft, damit füllt sich auch der Geldbeutel.
  • 3. Die «KonMari»-Methode: Marie Kondo ist Lifestyle- und Ordnungsberaterin und überzeugt davon, dass nur Dinge im Leben bleiben sollten, die auch wirklich Freude bereiten. Ihre drei wichtigsten Regeln sind: alles nach Kategorien (Kleider, Bücher etc.) ausmisten, anschliessend alle Gegenstände einzeln in die Hand nehmen und nur diejenigen behalten, die einen richtig glücklich machen und am Ende alles an einem festen Ort verstauen.

Verzicht muss man sich leisten können

Konsumkritik zu üben, bleibt ein Privileg derjenigen, die es sich leisten können. Die Möglichkeit, Sachen zu entsorgen, setzt einen gehobenen Lebensstandard voraus. Nur wenige, dafür die richtigen Dinge zu besitzen, ist etwas, worüber sich viele Menschen gar keine Gedanken machen können. Ganz einfach, weil sie es sich nicht leisten können.