Bildung und Teilhabe für alle

Erfolgreiche Bildungswege und Teilhabe hängen stark davon ab, inwiefern Menschen einen gerechten Zugang zu Bildung erhalten.

Raphaela Haenggi

4. Oktober 2021

Zentrale Herausforderungen

Bildung ist ein fundamentales Menschenrecht. Sie befähigt Menschen, ihre politische, soziale, kulturelle und wirtschaftliche Situation zu verbessern. Deshalb ist ein gerechter Zugang zu Bildung und die Teilhabe aller am Bildungssystem eine der wichtigsten sozialen und wirtschaftlichen Aufgaben unserer Zeit. Nicht nur global gesehen, auch in der Schweiz besteht ein direkter Zusammenhang zwischen dem sozioökonomischen Hintergrund und dem Bildungserfolg von Schülerinnen und Schüler. Einkommen, Migrationshintergrund oder die elterlichen Bildungsabschlüsse spielen bei Bildungsentscheidungen eine entscheidende Rolle. Der Weg zur gymnasialen Maturität, zur Fachmaturität oder Berufsmaturität und damit der Zugang zu den Hochschulen wird früh geebnet und ist längst nicht für alle ein realistisches Ziel.

Gerade die nachobligatorische Bildung ist eine Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe und einen erfolgreichen Einstieg in den Arbeitsmarkt. In der Schweiz konnten im globalen Vergleich geschlechtsspezifische, konfessionelle und regionale Unterschiede beim Zugang zu den weiterführenden Bildungsinstitutionen zwar weitgehend aufgehoben werden, soziale Ungleichheiten sind jedoch weiterhin wirksam. Insbesondere an Schweizer Hochschulen sind die Unterschiede auffällig. So stammen 43% der Studierenden aus Familien, in denen mindestens ein Elternteil über einen Hochschulabschluss verfügt. An universitären Hochschulen sind es sogar 52%. An Fachhochschulen beträgt der Anteil der Studiereden aus Elternhäusern mit Hochschulabschluss 33%, an den Pädagogischen Hochschulen (PH) 26%.

Politische Voraussetzungen

In der Schweiz ist die Chancengerechtigkeit in der Bundesverfassung verankert. Der Bildungsbericht Schweiz, der EDK-Bericht «Equity – Diskriminierung und Chancengleichheit im Bildungswesen: Migrationshintergrund und soziale Herkunft im Fokus» von 2015 und die UNO-Behindertenrechtskonvention legen den Grundstein zur Förderung der Chancengerechtigkeit in der Bildung. Damit sollen alle Personen gerechte Möglichkeiten erhalten, Grundkenntnisse und Kompetenzen zu erwerben, um selbstbestimmte Entscheidungen zu treffen und sich als Bürgerinnen und Bürger in die Gesellschaft und in den Beruf einzugliedern. Hinzu kommen seit 2015 die von den Vereinten Nationen verabschiedeten Nachhaltigkeitsziele. Das vierte der insgesamt 17 Ziele stellt die inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung in den Mittelpunkt. Die UN hat damit die Wichtigkeit einer hochwertigen Grund- und Berufsbildung verstärkt in Erinnerung gerufen und unterstreicht, dass diese zentral ist für die Verbesserung der Lebensbedingungen eines jeden Einzelnen und der Gesellschaft als Ganzes. Die Schweiz verfügt im Vergleich zu anderen Ländern über Vorteile in Bezug auf die Berufsbildung. Insbesondere die gute Grundbildung und das duale Bildungssystem, die Mehrsprachigkeit oder die vielfältigen Möglichkeiten, die Durchlässigkeit im Bildungssystem erlauben, unterstreichen diesen Wert.

Vielfältige Massnahmen

Die Stärkung der persönlichen Sozial- und Handlungskompetenzen ist für eine chancengerechte Bildung und Teilhabe ausschlaggebend. Beispielsweise können durch den Einsatz partizipativer und kooperativer Lernmethoden Schülerinnen und Schüler individuell gefördert werden, was sich wiederum positiv auf das Wohlergehen und die Leistungsfähigkeit aller auswirken kann. Inklusion trägt zur Chancengerechtigkeit bei, indem sie Bedingungen schafft, um alle Schülerinnen und Schüler mit ihren unterschiedlichen Kompetenzen aktiv an der Gemeinschaft und der Bildung zu beteiligen. Ein positives Lernklima begünstigt schliesslich die Lernleistungen von Schülerinnen und Schülern mit sozioökonomisch angespanntem Hintergrund.