Ausgleich der Gleitzeit
Gleitzeitarbeit verlangt vom Arbeitnehmenden, dass er seine Arbeitszeit ausgleicht, sodass er seine Soll-Arbeitszeit auf wöchentlicher, monatlicher oder jährlicher Basis erreicht. Der Arbeitnehmende ist also berechtigt, in einem bestimmten Rahmen Arbeitszeit vor- oder nachzuholen, und er hat eine gewisse Autonomie über seine tägliche Arbeitszeit. Auf der anderen Seite ist der Arbeitnehmende dafür verantwortlich, dass er fristgerecht für den Ausgleich der Mehr- oder Minderarbeit sorgt. Entsprechend ist ein positiver Gleitzeitsaldo grundsätzlich durch Freizeit von gleicher Dauer ausserhalb der Blockzeiten abzubauen und Minderarbeit nachzuholen. In welcher Frist der Arbeitnehmende seinen Gleitzeitsaldo auszugleichen hat, wird vom Gesetz nicht vorgegeben. Es steht den Parteien frei, einen Zeitrahmen festzulegen, in dem der Ausgleich stattfinden soll.
Gemäss Bundesgerichtspraxis (vgl. BGE 130 V 309, E. 5.1.3) kann Gleitzeit wie folgt umschrieben werden:
- Bei den Gleitzeitmodellen übergibt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmenden die Souveränität, seine Arbeitszeit frei zu bestimmen
- Der Arbeitnehmende muss – falls vorhanden – Blockzeiten nach Vorgaben des Arbeitgebers einhalten. Blockzeit bedeutet, dass an bestimmten Stunden am Tag alle Arbeitnehmenden im Betrieb präsent sein müssen, so z. B. von 9 bis 12 Uhr vormittags sowie von 13 bis 16 Uhr nachmittags
- Abgesehen davon können die Arbeitnehmenden ihre Arbeitszeit frei einteilen. Sie können Minus- oder Plusstunden anhäufen; am Ende einer Rechnungsperiode (Woche, Monat, Jahr) müssen sie allerdings auf seine Sollzeit kommen. Sie verfügen somit über (grosse) Flexibilität, ihre Arbeit nach den eigenen Bedürfnissen einzuteilen
Verfall von positiven Gleitzeitsaldi?
In der Praxis wird in Reglementen oft vereinbart, dass positive Gleitzeitsaldi am Ende einer bestimmten Periode (z. B. Monat oder Jahr) gekürzt werden, sofern sie eine Grenze überschreiten, oder sogar ganz gestrichen werden. Eine Vereinbarung, wonach nur eine bestimmte Anzahl Stunden von einer Zeitperiode auf die andere übertragen werden kann, ist gemäss Bundesgericht zulässig. Ist der Saldo so hoch, dass er während der Kündigungsfrist nicht mehr kompensiert werden kann, hat dies der Arbeitnehmende selbst zu verantworten. In diesem Fall wären die Gleitzeitstunden nicht zu bezahlen. Etwas anderes gilt gemäss Gerichtspraxis nur, wenn der Arbeitgebende den Arbeitnehmenden anwies, über die Blockzeiten hinaus zu arbeiten, oder wenn die Mehrarbeit betrieblich notwendig war. Dieses letzte Kriterium führt in der Praxis zur nicht ganz einfachen Frage, wann denn nun Gleitzeitstunden und wann Überstunden vorliegen.
Abgrenzung von Gleitzeitstunden und Überstunden
Ein positiver Gleitzeitsaldo und Überstunden haben gemeinsam, dass es sich bei beidem um Mehrarbeit handelt. Wann aber das eine oder andere vorliegt, ist nicht immer einfach zu beantworten und wirft vor allem bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses Fragen auf.
Als Überstundenarbeit gilt jene Arbeit, die über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus geleistet wird, und zwar bis zur anwendbaren wöchentlichen Höchstarbeitszeit von entweder 45 oder 50 Stunden die Woche. Überstunden können einseitig durch den Arbeitgeber angeordnet werden, und der Arbeitnehmende hat sie zu leisten, soweit dies für den Betrieb notwendig und für ihn zumutbar ist.
Im Gegensatz zu Überstunden ist der Gleitzeitüberhang als Mehrarbeit zu definieren, die der Arbeitnehmende über die vereinbarte oder übliche Arbeitszeit hinaus freiwillig leistet. In der Regel macht sie dies, um den Überhang zu einem späteren Zeitpunkt informell wieder innerhalb der Gleitzeit zu kompensieren.
Die Unterscheidung ist deshalb so wichtig, weil Mehrstunden je nach Einordnung durch den Arbeitgeber zu bezahlen sind. Dies führt nicht selten zu Streitigkeiten zwischen den Parteien eines Arbeitsvertrags. Es wird daher empfohlen, Regelungen in Bezug auf Gleitzeitstunden zu vereinbaren und zu bestimmen, wie hoch ein positiver oder negativer Gleitzeitsaldo auflaufen darf. Dadurch können sehr hohe Stundenansammlungen (im Positiven wie im Negativen) vermieden werden.