Die Kontrolle der Revisionsstelle

Wie das aktuelle Beispiel der Wirecard AG deutlich zeigt, sind auch Revisionsgesellschaften nicht vor Fehlern gefeit, und betrügerische Aktivitäten werden doch meist eher zufällig aufgedeckt. Im Falle von Wirecard ist dies doppelt beschämend, wurde doch bei dieser öffentlich gelisteten Firma bereits 2015 durch einen Wirtschaftsjournalisten auf bilanztechnische Ungereimtheiten hingewiesen. Das Finanz- und Rechnungswesen ist in besonderen Konstellationen anfällig auf «Modifikationen» zugunsten des Managements, und die Aufsicht über die sowie die Verantwortung für die Unternehmenszahlen können deshalb nicht einfach an die Revisionsgesellschaft delegiert werden.

Bruno Sauter

7. Dezember 2020

Institutionalisierte Kontrollen über IKS und organisatorische Massnahmen

Wenn in Finanz- und Buchhaltungsabteilungen sehr grosse Transaktionen gebucht werden oder wenn für den Finanzausweis Transferverrechnungen, Wertberichtigungen und Bewertungen vorgenommen werden, so hat das Management über Anreizsysteme und Incentives oft pekuniäre Eigeninteressen. Diese sind legitim und führen in den meisten Fällen zu optimalen Lösungen zugunsten des Unternehmens und der Aktionäre. Das IKS in der Buchhaltung soll deshalb sicherstellen, dass ein qualifiziertes Vier-Augen-System relevante Buchungen objektiv überprüft und sicherstellt, dass Prozesse standesgemäss, regelmässig und einheitlich eingehalten werden. Werden die Buchungen der Finanzabteilung zudem im ERP-System transparent gemacht und sind die leitenden Mitarbeitenden in den operativen Abteilungen den Zahlenumgang gewohnt, so werden die Kontrollen im Betrieb dezentralisiert und die allfälligen «Modifikationen» erkannt oder hinterfragt.

Revisionsgesellschaften bestehen aus Menschen

Die Aktionäre eines börsenkotierten Unternehmens müssen sich auf die Aussagen und Bewertungen von Revisionsgesellschaften verlassen können. Die Mitarbeitenden dieser Gesellschaften arbeiten jedoch gerade in Spitzenzeiten übermässig viel, wollen zeitökonomisch Routinen souverän wie im Vorjahr abhandeln und erkennen auch deshalb substanzielle Fehler gegebenenfalls nicht oder ungenügend. Zudem sind auch in den Revisionsgesellschaften Hierarchien wirksam. Ein junger, neuer Revisor wird sich hüten, die im Vorjahr vom Vorgesetzten gleich getätigte Buchung neuerdings zu hinterfragen. Weiter ermöglichen mehrjährige Einsätze derselben Revisionspartner Effizienz und partnerschaftliches Verständigen bei anspruchsvollen Transaktionen. Die Wahl eines neuen Revisionspartners bedeutet somit immer auch Mehraufwand und das Herausbegeben aus der Komfortzone. Regelungen, z. B. im Organisationsreglement, zum obligatorischen regelmässigen Wechsel der Revisionsgesellschaft sind deshalb zu unterstützen. Die Besprechungen der Revisionsergebnisse haben nicht nur in den Kreisen des obersten Managements, sondern mindestens auch im Rahmen des VR Audit Committee stattzufinden.

Kultur und kritisches Denken sind zu fördern

Über das normative Management wird die Kultur eines Unternehmens geprägt. Das Zusammenspiel zwischen VR, GL und den Mitarbeitenden hängt von verschiedenen Faktoren ab, jedoch ist das Vertrauen eine wichtige Basis. Kritisches Denken, Hinterfragen und auch Kontrollen von Prozessen und Handlungen haben nichts mit fehlendem Vertrauen zu tun. Vielmehr stellen diese Eigenschaften und Routinen sicher, dass Fehler im System erkannt werden und überhaupt eine kontinuierliche Verbesserung erreicht werden kann. Wenn, wie offensichtlich bei Wirecard der Fall, sogar von aussen Hinweise zugetragen werden, dass Ungereimtheiten vorhanden sein könnten, dann ist es Aufgabe der Leitungsorgane, diesen nachzugehen und mittels entsprechenden Massnahmen Schäden für das Unternehmen zu verhindern. Weiter helfen Offenheit und Transparenz (auch über Managementanreize), Handlungen einzuordnen. Führungskräfte führen mit offenem Ohr und noch besser mit offener Türe.