Das Korrigendum vorweg: Theseus und nicht Perseus bezwang den Minotaurus. Auf die Namensverwechslung machte uns Bruno Schnetzer aufmerksam. Er stolperte beim KAKADU über die Ungereimtheit. Kein Wunder: Er ist Autor des Buchs «Labyrinthe in der Schweiz». 1989 machte er die Matura mit der AKAD. Und er war danach ab 1991 für ein paar Jahre als Lehrperson mit von der Partie.
Zum Inneren vordringen
Ein für Bruno Schnetzers Buchprojekt ausschlaggebendes Erlebnis war der Besuch des Labyrinths auf dem Leonhardskirchplatz in Basel. «Ein bemerkenswerter Ort. Doch ein Buch mit Hintergrundinformationen zu Labyrinthen hierzulande gab es nicht. Es reizte mich, diese Lücke zu schliessen.» Das geschah sorgfältig und akribisch, wie das über 200 Seiten umfassende Werk beweist. Herkulesarbeit, Sisyphusarbeit oder beides? «Mir hat die Recherche Spass gemacht. Labyrinthe haben mich schon immer fasziniert.» Das Englische unterscheidet mit labyrinth und maze zwei Begriffe. Der erste steht für das Einweglabyrinth, der zweite für den Irrgarten mit verwirrenden Abzweigungen, die in eine Sackgasse führen. Bruno Schnetzer erläutert: «Beim Irrgarten orientieren wir uns am Äusseren, um den Weg zu finden. Ganz anders beim Einweglabyrinth, wie wir es zum Beispiel im Park des Schlössli Ins antreffen, wo es massstäblich nach dem Vorbild in der Kathedrale von Chartres nachgebaut wurde. Man kann sich dem einen Weg anvertrauen, er führt – symbolisch – ins Zentrum des Ichs. Das ist gleichsam die Einladung, sich auf den Weg in sein Inneres zu begeben. Als Mittel zur Entschleunigung ist das heute sehr wertvoll.»
Orientierung im Stofflabyrinth
Ursprünglich hatte Bruno Schnetzer das KV gemacht. Er wollte mehr und kam zur AKAD, um die Matur hauptsächlich im Selbststudium zu absolvieren. Nach einem Studium als Sekundarlehrer in naturwissenschaftlicher Richtung folgte – erneut berufsbegleitend – das zweite in Philosophie, Psychologie und Erziehungswissenschaften. Viel Stoff – wenig Zeit, dieses Dilemma kennt Bruno Schnetzer somit aus der Doppelperspektive als Schüler und als Lehrer. Studierende können ein Fach, das ein grosses Stoffvolumen umfasst, als Irrgarten wahrnehmen. Hat er ein Rezept, sich den Weg zum Wesentlichen, zur Erkenntnis zu bahnen? Grundlegend sei – und das liege primär an den pädagogischen Mitarbeitenden – das Wesentliche zu identifizieren.
Annäherung wie mit Google Earth
«Wie vor dem Besuch einer unbekannten Metropole», so nähert sich Bruno Schnetzer gern dem Stoff an. Und das beginnt aus der Vogelperspektive:«Zunächst gebe ich meine Unterkunft via Google Earth ein. Ich sehe von oben aus grösserer Distanz den Grundriss der Stadt, zum Beispiel Paris, und wo ungefähr meine Bleibe liegt.» In einem weiteren Schritt geht es darum, sich markante Punkte und Hauptverbindungen einzuprägen: Eiffelturm, Sacré-Coeur, Notre-Dame, Louvre, Seine, Champs-Élysées, Boulevard Saint-Michel. Vor Ort – in der Analogie im Präsenzunterricht oder beim Web-Teacher – solle man sich nicht scheuen, Leute zu fragen, wenn es mit der Orientierung nicht recht klappt. Was in Paris, New York und Peking oder Bangkok funktioniert, geht so auch bei gängigen Lerninhalten: Mechanik, Logarithmen, Zellteilung, Expressionismus oder Imperialismus.
Von der Perle zum Collier
Jede einzelne Lerneinheit der AKAD stellt für Bruno Schnetzer «eine Perle» dar, die es mit eigenen Perlen, d. h. durch Sinnzusammenhänge und Übungen, zu einem Collier zusammenzufügen gilt. Die Perlenkette, die auf diese Weise entsteht, ist sinnbildlich gar nicht weit vom Einweglabyrinth entfernt: So wie die Aneinanderreihung der Perlen eine Gesamterkenntnis bildet, wartet auch im Zentrum des Schritt für Schritt erkundeten Einweglabyrinths eine Erkenntnis.