Meeresspiegelanstieg – Gründe und Konsequenzen

Aufgrund des Klimawandels ist der Meeresspiegel seit Anfang des 20. Jahrhunderts um über 15 cm angestiegen. In den vergangenen Jahren ist zudem eine Beschleunigung zu beobachten. Besonders bedroht sind Inselstaaten und Länder mit breiter, tief gelegener Küstenfläche.

Christophe Lienert

2. Februar 2023

Anstieg des Meeresspiegels

Messungen des Meeresspiegels zwischen Anfang und Ende des 20. Jahrhunderts haben ergeben, dass dieser weltweit um 1,4 Millimeter pro Jahr, also insgesamt 15 cm, gestiegen ist. Der Anstieg scheint sich gar zu beschleunigen, denn in den letzten Jahren waren es im Schnitt über 3 Millimeter pro Jahr; er verlief also mehr als doppelt so schnell wie im Durchschnitt des vorherigen Jahrhunderts.

Aufgrund von Annahmen, wie stark sich die weltweite Lufttemperatur infolge des Ausstosses von CO2 erhöhen wird, berechnen Modelle, dass der Meeresspiegel bis zum Ende des 21. Jahrhunderts um über einen Meter oder sogar um mehr als zwei Meter ansteigt. Die Unsicherheit dieser Modelle ist allerdings erheblich. Es ist durchaus möglich, dass diese Zahlen deutlich zu tief sind – alleine das Abschmelzen des bestehenden Eisvolumens der Antarktis hätte einen Meeresspiegelanstieg um fast 60 Meter zur Folge.

Nicht nur die Eisschmelze in den polaren Regionen der Arktis und der Antarktis sowie den Gebirgsregionen mit ihren Gletschern – insbesondere im sogenannten dritten Pol, dem Himalayagebirge – beschleunigen den Anstieg des Meeresspiegels. Auch die Erwärmung des Meerwassers selbst sorgt für einen Anstieg: Etwa ein Drittel des Meeresspielanstiegs ist darauf zurückzuführen, dass sich Wasser beim Erwärmen ausdehnt. Es wird noch viele Jahre dauern, bis dieser wichtige Effekt voll durchschlägt, denn zuerst werden lediglich die oberflächlichen Wasserschichten des Meeres erwärmt; die wärmeren Temperaturen breiten sich nur sehr langsam und abhängig vom Salzgehalt des Wassers in tiefere Schichten aus.

Konsequenzen: Starkregen, Fluten, Migration und Klimaflüchtlinge

Das Klimasystem reagiert träge auf die heutigen Aktivitäten der Menschheit. Das bereits länger beobachtbare Abschmelzen der Eismassen und der Meeresspiegelanstieg sind wichtige Klimasignale, welche jedoch in Bezug zur Lebensweise der Menschen verzögert sichtbar werden. Das bedeutet, dass diese Prozesse bereits voll im Gang sind und es noch über längere Zeit bleiben werden. Auch wenn alle CO2-Emissionen drastisch heruntergefahren werden, werden sich die losgetretenen Prozesse noch auf viele Jahrhunderte auswirken.

Die Effekte des Meeresspiegelanstiegs sind in den meisten Fällen negativ: Küstengebiete erodieren, es gibt zunehmende Flut- und Sturmschäden, tiefgelegene Gebieten werden überschwemmt, der Grundwasserspiegel steigt und Salz dringt in Grund- und Oberflächenwasser ein.

An den Küsten der Erde, in ihrer direkten Umgebung sowie auf kleinen Inseln leben heute weltweit rund 680 Millionen Menschen. Ein Teil von ihnen ist bereits unmittelbar betroffen: Reisbauern in Bangladesch, Einwohner der sich aufgrund von Grundwasserentnahmen absenkenden indonesischen Megacity Jakarta oder Bewohner der Malediven. Diese Menschen sind zunehmend in ihrer Existenz bedroht und müssen sich wohl vermehrt neue Lebensgrundlagen – auch in anderen Ländern und Gebieten der Welt – suchen.

Zwar ist das Thema Migration und Klimaflüchtlinge in resilienteren westlichen Ländern wie den Niederlanden, Deutschland und Polen oder Küstenstädten wie Miami und Shanghai weniger prominent, doch auch sie werden durch den Meeresspiegelanstieg mit ernsthaften ökologischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Problemen konfrontiert sein.