Mehrwert für Mensch und Natur: Gemeinwohl-Ökonomie

In der Gemeinwohl-Ökonomie wirtschaften private Unternehmen nicht mit dem Ziel eines möglichst hohen finanziellen Gewinns, sondern zum Wohle aller.

Raphaela Haenggi

28. März 2023

Aktuelle soziale und ökologische Krisen wie die Pandemie und der Klimawandel machen deutlich, wie wichtig eine sozial-ökologische Transformation hin zu einer gerechteren und nachhaltigeren Welt für alle ist. Einen Weg zeigt die Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ) auf. Sie geht davon aus, dass wirtschaftliche Tätigkeit dem Gemeinwohl dienen und einen Mehrwert für Mensch und Natur schaffen soll. Diejenigen, die sich kooperativ, transparent, nachhaltig und nach ethischen Grundsätzen verhalten, sollen profitieren. «Unser jetziges Wirtschaftssystem steht auf dem Kopf. Das Geld ist zum Selbstzweck geworden, statt ein Mittel zu sein für das, was wirklich zählt: ein gutes Leben für alle», schreibt Christian Felber, Autor und Mitinitiator der GWÖ-Bewegung auf seiner Website.

Die Vision einer ethischen Marktwirtschaft

Die GWÖ ist eine internationale Bewegung mit vielen engagierten Mitgliedern, bestehend aus Bürger/-innen, Unternehmen und Gemeinden. Seit ihrer Gründung im Jahr 2010 haben sich weltweit ungefähr 200 Regionalgruppen gebildet. Ihnen gemeinsam ist die Vision eines alternativen, zukunftsfähigen Wirtschaftssystems, das nicht auf Profit, sondern auf gemeinwohlfördernden Werten aufbaut. Die GWÖ rückt den Menschen und die Umwelt ins Zentrum und bietet Transformationspotenzial auf wirtschaftlicher, politischer und gesellschaftlicher Ebene. Sie versteht sich als ergebnisoffener, partizipativer Prozess. Im Grundsatz geht es darum, dass sich ethisches Handeln lohnen und Rücksichtslosigkeit bestraft werden soll. Anstatt rein finanzielles Wachstum anzustreben, wirtschaften private Unternehmen für das Gemeinwohl. Dieses basiert laut Felber auf den Werten Menschenwürde, Solidarität und Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit sowie Transparenz und Mitbestimmung.

Praktische Umsetzung

Das Modell der GWÖ wird auf der Website der Gemeinwohl-Ökonomie in hier zusammengefasst, die alle Unterzeichner/-innen grundsätzlich unterstützen. Dort wird auch die Gemeinwohl-Matrix erläutert, ein detailliertes, öffentlich zugängliches Analyse- und Berichterstattungsmodell. Die Matrix bricht das Gemeinwohl auf messbare Kriterien herunter und zeigt, wie die Werte der GWÖ im Alltag gelebt werden können. Ausserdem ist sie die Grundlage für den Gemeinwohl-Bericht, der die Gemeinwohlorientierung einer Organisation beschreibt. Die Gemeinwohl-Matrix dient auch als Messinstrument für die Gemeinwohl-Bilanz, das Herzstück der GWÖ. Anders als in konventionellen Handelsbilanzen werden u. a. ökologische und soziale Aspekte betrachtet. Bericht und Bilanz werden anschliessend extern überprüft und publiziert und sind damit für alle einsehbar.