Woher stammt der Begriff, und wofür steht er?
Der Begriff stammt ursprünglich aus den sozialen Medien. Ein junger Mann hat auf der Plattform TikTok einen mittlerweile millionenfach angesehenen Video-Clip veröffentlicht. Darin wird klar, dass quiet quitting nicht heisst, den Job zu kündigen, sondern einfach nur so viel zu arbeiten, wie es der Arbeitsvertrag vorsieht. Arbeit, so das Credo, ist nicht das Leben; der Wert als Mensch definiert sich nicht über seine Arbeit oder seine Produktivität.
Vor allem die Angehörigen der Generation Z sind nicht mehr gewillt, die Fehler ihrer Eltern zu wiederholen. Sie wollen keine Überstunden mehr machen, sich nicht mehr im Job verausgaben oder mehrere Jahrzehnte in derselben Organisation arbeiten und womöglich bei der Pensionierung körperlich am Ende sein. Quiet quitting steht für die Haltung, dass sich das Abmühen im Job nicht wirklich lohnt und vielmehr die körperliche und physische Gesundheit im Vordergrund steht. Es gilt «health is wealth», also dass Gesundheit Reichtum ist. Der «Dienst nach Vorschrift» soll helfen, nicht in ein Burn-out zu schlittern. Das Arbeitstier, der Workaholic, hat als soziales Statussymbol ausgedient.
Quiet quitting bedeutet aber nicht «innere Kündigung». Quiet quitters mögen ihren Job, sie sind nur nicht bereit, sich zusätzlich zu engagieren. Sie erfüllen ihre grundlegenden Arbeitspflichten, aber bringen sich nicht in nicht zwingende Aktivitäten ein. Zum Beispiel fehlen sie bei nicht vorgeschriebenen Meetings auch einmal, beginnen nicht frühmorgens mit der Arbeit und machen nicht bis spätabends Überstunden.
Wohin führt das?
Ob quiet quitting ein Trend ist oder ein sich wiederholendes Phänomen, ist nicht ganz klar. Zahlen aus den USA belegen – mit einer gewissen Unsicherheit –, dass bis zu 50% der Arbeitnehmenden heute quiet quitters sind. Viele jüngere Menschen wollen bewusst keine Extrameile für den Arbeitgeber gehen, da sie merken, dass sie trotz mehrerer Studienabschlüsse den Lebensstandard ihrer Eltern nicht erreichen. Auch sich für dieses System aufzuopfern, ändert daran nichts, so die Auffassung von quiet quitters.
Es könnte auch sein, dass das Phänomen mit einer weiteren Dynamik gekoppelt ist, von der die quiet quitters profitieren: In vielen Branchen herrscht momentan Arbeitskräftemangel und viele Firmen suchen Mitarbeitende. Diese sind dadurch in einer besseren Verhandlungsposition, haben mehr Spielraum, Grenzen zu setzen und ihre Haltung zur Arbeit zu vertreten.
Arbeitgeber sind somit vor grössere Herausforderungen gestellt: Personalmangel bedeutet für Organisationen, dass sie mehr leisten müssen. Um neue Leute zu rekrutieren, braucht es neue Rekrutierungskonzepte. Klar definierte Arbeitszeiten, die eingehalten werden, und klar festgelegte Aufgabengebiete, die Zeit für Familie und Freizeit lassen, können für potenzielle neue Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sehr attraktiv sein. Bessere Arbeits-, Kommunikations- und Fehlerkultur, Respekt vor Ferien als Zeit, in der Arbeitnehmende wirklich arbeitsfrei haben wollen, Zugestehen von Freiräumen, als Vorgesetzte mit gutem Beispiel vorangehen – dies sind nur einige Aspekte, die zeigen, dass sich in der Arbeitswelt aufgrund des Phänomens quiet quitting tatsächlich etwas zu bewegen scheint.