Transfer erzeugen

Unter «Transfer erzeugen» verstehen wir, wenn die Teilnehmenden die Fähigkeit erhalten, das neu Gelernte in der eigenen Praxis situationsgerecht umzusetzen.
Transfer in der beruflichen bzw. betrieblichen Aus- und Weiterbildung wird dann als gelungen angesehen, wenn er Auswirkungen auf das betriebliche Handeln hat.

Claudia Zürcher

12. Oktober 2017

Wenn Dozierende zum Beispiel eine Methode im Bereich Projektmanagement unterrichten, vermitteln sie diese und üben sie mit den Teilnehmenden. Wenn es den Teilnehmenden dann gelingt, die Methode in ihren Projekten angemessen umzusetzen, kann man von einem gelungenen Transfer sprechen.

Die Unterrichtswissenschaften haben zahlreiche Studien im Bereich Transfer durchgeführt, die sich vor allem in einer Aussage gleichen: Spontaner Transfer ist ein eher seltenes Ereignis. Das heisst, wenn der Transfer nicht gezielt angeleitet bzw. thematisiert wird, ist es den Teilnehmenden überlassen, diese Leistung zu vollbringen, und das klappt nur in wenigen Fällen.

Drei Problembereiche beim Transfer in die Praxis

1. Kontextgebundenes Wissen

Das neue Wissen ist sehr stark mit der Trainingssituation verbunden. Als Teilnehmender hat man die Beispiele im Kopf, die der Dozierende verwendet  hat, oder eben bestimmte Trainingssituationen, in denen man geübt hat. Oftmals stimmt dieser Kontext nicht mit dem Alltag der Teilnehmenden überein, und das erschwert den Transfer des neu Gelernten in die Praxis.

Beispiel: Es wird ein Führungstraining durchgeführt und die Dozierende kommt aus einem Grossbetrieb. Alle Beispiele, die die Dozierende vorträgt, beziehen sich auf ein grosses Unternehmen. Einer der Teilnehmenden kommt aus einem Familienbetrieb. So wird sein Erfahrungshintergrund ganz anders aussehen als jener der Dozierenden. Er wird vielleicht auch ganz andere Begrifflichkeiten verwenden. Somit wird es für den Teilnehmenden schwieriger sein, das neu Gelernte in die eigene Praxis umzusetzen.

2. Ausbildungssituation ist nicht identisch mit der Praxis

Innerhalb der Aus- und Weiterbildung kann man oft in einem «geschützten Rahmen» üben. Da kann es sein, dass gewisse Rahmenbedingungen nicht berücksichtigt werden, die jedoch in der Praxis vorhanden sind, wie z. B. Stressfaktoren. Und diese unterschiedlichen Rahmenbedingungen können den Transfer erschweren.

Beispiel: Im Unterricht wird die Führung von Mitarbeitergesprächen oder Verkaufsgesprächen trainiert. In der Praxis finden diese Gespräche womöglich in einem hektischen oder eventuell konfliktbeladenen Arbeitsalltag statt. Dann wird die Umsetzung schwierig.

3. Einbindung in komplexe Lösungen

Das Gelernte kann nicht eins zu eins umgesetzt werden, da der Alltag komplexer ist. Wenn das der Fall ist, so reicht z. B. das Beherrschen der Technik allein nicht aus, sondern die Teilnehmenden müssen zusätzlich über sogenannte Problemlösekompetenz verfügen.

Beispiel: Im Unterricht zum Thema Projektmanagement wird das mehrstufige Verfahren geübt. Projekte haben meist eine grosse Eigendynamik, und die Teilnehmende merkt, dass sie von der Projektplanung nicht wie gelernt in die Umsetzung schreiten kann, da der Auftraggeber plötzlich den Zielkatalog ausbaut. Nun liegt es an der Teilnehmenden, die Methode an die Situation anzupassen.

Beispiele von Faktoren, die den Transfer in die Praxis erhöhen

  • Dekontextualisieren
    Die Dozierenden geben den Teilnehmenden die Möglichkeit, sich von der konkreten Ausbildungssituation zu lösen, die Vogelperspektive einzunehmen und das neue Wissen in den eigenen Erfahrungshintergrund bzw. in die eigene Praxis zu integrieren. Dazu werden die Teilnehmenden angeleitet, Prinzipielles zu erfassen bzw. persönliche Strategien zu bilden.
  • Artikulieren
    Die Teilnehmenden fassen die wichtigsten drei Elemente des Gelernten in eigene Worte und binden es somit in ihren Erfahrungskontext ein. Sie halten anschliessend die einzelnen Vorgehensschritte auf einer Memocard fest.
  • Lernjournal
    Ein Instrument, das die Teilnehmenden bei der Umsetzung des Gelernten in die Praxis begleitet. Mithilfe gezielter Fragen reflektieren die Teilnehmenden das eigene Handeln nach der Anwendung des neu Gelernten.
  • Umsetzungsplan
    Mittels eines Vorgehensplans wird die Umsetzung des Gelernten in die eigene Praxis vorbereitet (wann mache ich was, wie genau, wann bin ich zufrieden, welche Hilfsmittel brauche ich usw.?)

Problemlösekompetenz fördern (Lern- und Denkstrategien bilden)

Dabei wird den Teilnehmenden nicht einfach Wissen vermittelt, sondern sie werden angeleitet, Problemlösungen bzw. das neue Wissen selbst zu entdecken.

Beispiel: Problem-based-learning. Die Teilnehmenden bearbeiten reale Fälle aus ihrer Praxis.

Beispiel: Entdeckendes Lernen. Die Dozierenden unterrichten nicht die zentralen Elemente, sondern lassen die Teilnehmenden anhand von bestimmten Übungen Unterschiede zwischen verschiedenen Vorgehensweisen selbst entdecken.