Beharrlich am Drehbuch festhalten

Als Claudia Feusi die Passerelle am AKAD College in Angriff nimmt, schwant ihr noch nicht, was für eine – einmalig – intensive Zeit auf sie zukommt. Kurz nachdem sie mit dem Lehrgang begonnen hatte, erwartete sie ihr zweites Kind. Mittlerweile hat sie Souveränität darin entwickelt, wie sich geballte Stoffladungen auch ohne zeitliche Puffer bewältigen lassen.

26. November 2019

Einen bemerkenswerten Grundstein ihrer «AKAD Karriere» legte die gelernte Drogistin einige Jahre vor der eigenen Passerelle. «Von 2010 bis 2013 betreute ich im Sekretariat an der Jungholzstrasse den Lehrgang Passerelle. Da ich bereits über eine Berufsmaturität verfügte, liebäugelte ich recht früh damit, mit der Passerelle den uneingeschränkten Universitätszugang zu erlangen.» Frei entscheiden können, was und wo sie studieren wolle, setzte sich als Vision in ihrem Kopf fest. Warum aber packte sie die Gelegenheit nicht gleich am Schopf, als sie am AKAD College angestellt war? «Ich stand täglich in Kontakt mit Lehrkräften und Studierenden. Von beiden Seiten bekam ich mit, wie gross der Aufwand tatsächlich ist. Das flösste mir Respekt ein.»

Durchorganisiert, getaktet und helfende Hände

Im Sommer 2017 war es so weit. Claudia Feusi drückte samstags die Schulbank an der Jungholzstrasse. Sie behielt wie seit der Geburt ihres Sohns Levin 2014 ein 40%-Pensum am Kantonsspital Winterthur. Kurz nach Semesterstart bekamen die Arztsekretärin und ihr Ehepartner dann Gewissheit über den Familienzuwachs. Eine grössere Umstellung stand somit bevor: «Dank dem frühen Austausch mit Klassenkameradinnen hatte ich den Dreh bald raus, wie mit dem grossen Stoffvolumen umzugehen ist. Und samstags konnte sich mein Mann um unser erstes Kind kümmern.» Die Ankunft von Tochter Enya stellte vieles auf den Kopf. Claudia schob bewusst eine sechsmonatige Passerellenpause ein. «Lerntechnisch ergibt das zwar ein Nullsummenspiel. Man bearbeitet gewisse Inhalte im Voraus, muss aber andere auffrischen.» Doch die halbjährige Zäsur war richtig und sorgte dafür, dass der zweifachen Mutter die Dinge nicht über den Kopf wuchsen. Der Wiedereintritt blieb gleichwohl intensiv: «Den Samstagslehrgang gab es in dieser Form nicht mehr. Nun hatte ich am Montag Präsenzunterricht. Ohne helfende Hände, wie jene meiner Eltern, hätte ich bei der Kinderbetreuung nicht so leicht umdisponieren können.»

Sich nicht beirren lassen

Abends konnte sich Claudia Feusi konsequent in ihr «Reduit», ihr Lernbüro in der Wohnung, zurückziehen. Gleichwohl war das zweite Semester extrem dicht befrachtet. Wer selbst Familie hat, berufstätig ist und noch eine voruniversitäre Ausbildung obendrauf sattelt, kennt die Erfahrung: Hatte man früher Zeit à discrétion, sind plötzlich keine Puffer mehr verfügbar. Claudia Feusi besass keinen Zauberstab, um andere Zeitfenster zu öffnen, wenn in einer Spitzenwoche ein Stofftsunami mit mehreren Prüfungen auf sie zurollte. Wie aber soll man reagieren? Claudia Feusi rät dazu, ruhig Blut zu bewahren: «Wegwischen lassen sich derartige Gefühle der Überforderung nicht. Ich habe ihnen aber auch nicht einfach nachgegeben, sondern hielt konsequent am Drehbuch fest.» Dem mentalen Gegenwind trotzen; einen Fuss vor den anderen setzen: So pflügte sich Claudia Feusi unbeirrt durch das Compendio-Lehrmittel weiter, an dem sie im Moment der inneren Anfechtung gerade arbeitete. Und siehe da, die belastenden Gedanken verblassten schon kurz darauf von selbst.