Revision des Obligationenrechts (OR): Das Rücktrittsrecht bei Haustürgeschäften

Wer kennt nicht die nervigen Werbeanrufe? Wer wurde nicht schon auf offener Strasse von einem Verkäufer angesprochen – und hat auch noch bestellt? Schliesst ein auf diese Weise überrumpelter Konsument einen Vertrag, kann er davon innert vierzehn Tagen zurücktreten. Allerdings nur, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind. Die Vorschriften dazu sind per 1. Januar 2016 in Kraft getreten.

Josef Studer

2. Mai 2016

Trotz ungeliebtem Werbeanruf oder Bestellung bei einem Verkäufer auf offener Strasse: Verträge sind grundsätzlich verbindlich und müssen erfüllt werden. Wurde man aber überrumpelt, kann man unter Umständen vom Vertrag zurücktreten, ohne zu bezahlen.

Das Rücktrittsrecht gilt für Verträge, die an folgenden Orten abgeschlossen wurden:

  • am Arbeitsplatz, in Wohnräumen oder der unmittelbaren Umgebung davon
  • in öffentlichen Verkehrsmitteln
  • auf öffentlichen Plätzen
  • an einer Werbeveranstaltung

Seit dem 1. Januar 2016 gilt das Rücktrittsrecht auch beim Abschluss eines Vertrags am Telefon.

Verträge können widerrufen werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Es muss sich um eine bewegliche Sache oder eine Dienstleistung handeln
  • Es muss für den persönlichen oder familiären Gebrauch des Kunden bestimmt sein
  • Der Preis dafür muss 100 CHF übersteigen
  • Der Anbieter muss beruflich handeln
  • Der Vertrag darf nicht auf Initiative des Kunden zustande gekommen sein

Der Kunde kann den Vertrag innert vierzehn Tagen widerrufen (Art. 40e OR). Der Anbieter muss ihn vorgängig in schriftlicher Form über das Widerrufsrecht und die Details (v. a. die Adresse des Verkäufers) informieren (Art. 40d OR). Der Widerruf ist formfrei, muss aber vom Konsumenten bewiesen werden können. Erfolgt ein Widerruf, müssen beide Parteien zurückgeben, was sie bereits erhalten haben. Wurde eine Sache benutzt, ist ein Mietzins zu bezahlen. Weitere finanzielle Verpflichtungen dürfen vom Kunden nicht verlangt werden.

Beispiel

Alfons erhält von einem Aussendienstmitarbeiter der Firma «Lebwohl GmbH» einen Telefonanruf. Er lässt sich zum Kauf eines Massageöl-Sets für 150 CHF überreden. Eine Bestätigung folgt per E-Mail. Seine Freundin kritisiert ihn am Abend deswegen. Daher schreibt Alfons am nächsten Tag der Firma und will vom Vertrag zurücktreten.

Kein Widerrufsrecht haben Konsumenten, wenn sie Verträge via Internet abschliessen (dies hat das Parlament ausdrücklich beschlossen). Auch nicht zurücktreten kann man bei Verträgen, die an einem Messestand abgeschlossen wurden oder bei Versicherungen.