Degrowth: Eine Alternative zum Wachstum?
Degrowth bezeichnet eine wachstumskritische Wirtschaftsweise und Gesellschaftsform, die das Wohlbefinden aller zum Ziel hat, ökologisch nachhaltig und sozial gerecht ist.
Degrowth bezeichnet eine wachstumskritische Wirtschaftsweise und Gesellschaftsform, die das Wohlbefinden aller zum Ziel hat, ökologisch nachhaltig und sozial gerecht ist.
Der Kapitalismus als wachstumsorientierte Wirtschaftsordnung hat sich in westlichen Gesellschaften durchgesetzt. Tatsächlich übernutzt dieses Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell die ökologischen Ressourcen des Planeten und basiert gleichzeitig auf der Ausbeutung eines grossen Teils der Menschheit durch einen kleinen Teil der Weltbevölkerung. Analysen bestätigen, dass vor allem die Reichsten von Wachstum profitieren, während Armut und Ausgrenzung zunehmen. Die Überzeugung der Degrowth- oder Postwachstumsbewegung ist, dass weiteres Wirtschaftswachstum der reichen Länder kein gutes Leben für alle ermöglicht. Das BIP (Bruttoinlandprodukt), das ausschliesslich die Wirtschaftsleistung eines Landes bewertet, soll nicht länger als Massstab für Fortschritt, Modernität und Entwicklung dienen und damit den Wohlstand einer Nation und der ihrer Bewohnerinnen und Bewohner definieren.
Degrowth oder Postwachstum steht nicht für Verzicht oder Rückschritt, sondern für eine Abkehr vom Dogma, dass nur Wirtschaftswachstum allein glücklich macht. Es ist ein Vorschlag, Gesellschaft aus einer wachstumskritischen Perspektive zu denken, und soll die Möglichkeiten einer sozial-ökologischen Transformation aufzeigen. Die wesentliche Frage lautet, wie die Wirtschaft ohne Wachstum funktionieren kann. Um dies zu erreichen, wird eine grundlegende Veränderung unserer jetzigen Lebensweise sowie ein umfassender kultureller Wandel als zwingend notwendig erachtet. In der Umsetzung bedeutet das konkret, dass die Kapital- und Warenströme begrenzt und die Überbeanspruchung der Natur beendet werden müssen. Zentral für den angestrebten Wandel ist ein völlig neues Verständnis von Wohlstand und gutem Leben. Dazu gehört u.a. die aktive Mitgestaltung der eigenen Lebenswelt in regionalen und miteinander vernetzten Wirtschaftskreisläufen, mehr Entschleunigung, der bewusste Einbezug des Menschen in die Natur und damit einhergehend die Förderung einer eigenverantwortlichen Gesellschaftsgestaltung im globalen Süden.
Der Begriff der Suffizienz ist ein zentraler Bestandteil der Degrowth-Idee. Suffizienz heisst, dass Menschen nur noch so viel und auf eine solche Art und Weise produzieren und konsumieren, dass die ökologische Tragfähigkeit der Erde erhalten bleibt. Dazu gehört z. B., den Zug statt des Flugzeugs zu nutzen oder den Fleischkonsum bewusst zu reduzieren. Die Behauptung, Verzicht sei gleichbedeutend mit geringerer Lebensqualität, greift zu kurz. Tatsächlich kann diese gar zunehmen. Die Glücksforschung bestätigt, dass ein höheres Konsum- und Einkommensniveau nicht zwingend mit einem Zuwachs an Lebensqualität gleichzusetzen ist. Achtsamkeit, Solidarität und Kooperation sind weitaus wichtiger, um allen ein selbstbestimmtes und würdevolles Leben zu ermöglichen.