Smart Grid – jetzt geht es los

Seit vielen Jahren wird an intelligenten Stromnetzen, Smart Grids genannt, gearbeitet. Jetzt sind sie da. Dafür notwendige Technologien wie Smart Meter, Grid Box und Batteriespeicher sind weit entwickelt, erste Pilotprojekte abgeschlossen und neu gegründete Firmen stehen mit Angeboten bereit.

Adrienne Vögeli

3. November 2017

Vom Einweg-Stromtransport…

Das Stromnetz transportiert den Strom von den Produzenten (Kraftwerken) zu den Konsumenten (Industrie, Haushalte, Gemeinden). Damit die Spannung an den Steckdosen der Konsumenten konstant bleibt, muss immer genau so viel Strom ins Netz eingespeist werden, wie gerade verbraucht wird. Das funktioniert, indem Grosskraftwerke den konstant benötigten Grundstrom erzeugen und viele Kleinkraftwerke nach Bedarf zu- und ausgeschaltet werden. Schwankungen werden so laufend ausgeglichen.

… zum komplexen Stromnetz

Immer mehr Haushalte, Unternehmen und Gemeinden produzieren mit alternativen Energien selbst Strom. Sie mutieren von reinen Stromkonsumenten zu Konsumenten-Produzenten (Prosumer). Weil sie abwechselnd Strom beziehen und liefern, erzeugen sie im Stromnetz eine komplexe Dynamik. Mit der bisherigen Technologie ist es nicht möglich, ein solches Netz zu überwachen und zuverlässig stabil zu halten.

Smart Grid – das Netz, das mitdenkt

Smart Grids, die neuen, intelligenten Netze, sind kombinierte Strom- und Datennetzwerke, die fähig sind, viele flexible Stromerzeuger, Verbraucher und Stromspeicher miteinander zu koordinieren und den Stromfluss intelligent zu steuern. Eine Voraussetzung dafür sind Smart Meters, intelligente Stromzähler. Sie überwachen jeden Verbraucher und liefern die Daten in Echtzeit an den Netzbetreiber.

Beispiele von Smart-Grid-Projekten

Stromerzeuger, die unregelmässig Strom liefern, werden mit Anlagen gekoppelt, die nur sporadisch Strom brauchen. Beispiele: Die Warmwasserboiler eines Quartiers werden mit dem überschüssigen Strom der lokalen Photovoltaikanlage betrieben (Projekt der EKZ). In einem andern Pilotprojekt (IBM, Migros, BKW und Swissgrid) wurden die grossen Kühlhäuser zur Regulierung des Stromverbrauchs genutzt. Bei einem Überangebot an Strom wurde die Kühltemperatur gesenkt und bei einem Unterangebot an Strom wurde sie wieder erhöht.

Überschüssiger Strom wird genutzt, um grosse Batteriespeicher aufzuladen. EKZ und EWZ z. B. betreiben seit 2014/2015 Batteriespeicher, die der Leistung eines kleinen Wasserkraftwerks entsprechen und im Netz entsprechend eingesetzt werden.

Private Anbieter nehmen kleine und flexible Stromerzeuger wie Notstromanlagen, Generatoren oder Blockheizkraftwerke unter Vertrag und vernetzen sie so miteinander, dass sie wie ein zusätzliches Kraftwerk eingesetzt werden können. Solche Gruppen sind extrem flexibel, weil jeder Generator einzeln ein- und ausgeschaltet werden kann.

Fazit

Die Smart-Grid-Technologien scheinen notwendig und sinnvoll, wenn wir mit Energie effizienter und nachhaltiger umgehen wollen. Einige Aspekte wie die ungeheure Sammlung von Daten oder die zentrale Steuerung und Überwachung bis in private Lebensbereiche machen aber nachdenklich. Zwischenstand heute: Die Technik steht bereit, wo stehen Politik und Gesellschaft?