Versicherungsvertragsgesetz – Änderungen per 1.1.2022

Auf 1. Januar 2022 traten einige Gesetzesänderungen in Kraft, die den Versicherungsvertrag betreffen. Die Rechtsstellung der Versicherten wird gestärkt. Der folgende Text zeigt die Details auf.

Josef Studer

28. Januar 2022

Nach 17 Jahren Arbeit am Versicherungsvertragsgesetz ist die Revision abgeschlossen. Es wurden v. a. folgende Neuerungen eingeführt:

  • Wer eine Versicherung abgeschlossen hat, kann sie neu innert 14 Tagen widerrufen (Poststempel gilt). Das ist v. a. dann sinnvoll, wenn ein Kunde von einer anderen Versicherung bessere Konditionen erhält. Es kann auch sein, dass er die Versicherung an sich nicht mehr wünscht. Dies ist z. B. der Fall, wenn eine junge Person eine Lebensversicherung abgeschlossen hat, aber weder einen Partner noch Kinder hat. Aus dem Rücktritt ergeben sich keinerlei Verpflichtungen.
  • Einige Versicherungen werden auf eine lange Laufzeit abgeschlossen. Hier kann neu der Vertrag auf das Ende des dritten Jahres aufgehoben werden. Damit erhalten Versicherungsnehmende mehr Flexibilität. Die Kündigungsmöglichkeit besteht auch für Versicherungen, die vor dem 1.1.2022 abgeschlossen wurden. Für Lebensversicherungen gilt sie nicht.
  • In einem Schadenfall ist manchmal zwar klar, dass die Versicherung bezahlen muss, aber es wird über den Betrag gestritten. Neu muss die Versicherung den unbestrittenen Betrag bezahlen und darf nicht die ganze Leistung verweigern.
  • Hat der Versicherte bei Vertragsabschluss falsche Angaben gemacht, so darf die Versicherung nicht mehr die Leistungen total verweigern. Eine Leistungskürzung ist nur noch gestattet, wenn die Falschangaben auf den Schaden bzw. die Schadenhöhe einen Einfluss hatten.
  • Das Kündigungsrecht im Schadenfall gilt nur noch für die Versicherten. Die Versicherungen (u. a. Krankenkassen im Bereich der Zusatzversicherungen) dürfen den Vertrag nicht mehr beenden.
  • Die Kündigung einer Versicherung kann auch über Mail und andere elektronische Kanäle erfolgen – ein Brief ist nicht mehr notwendig.
  • Die Ansprüche eines Geschädigten gegen die Versicherung auf Zahlung von Schadenersatz verjähren neu erst nach fünf Jahren (bisher zwei Jahre). Dies ist dann wichtig, wenn das Ausmass eines Schadenfalls erst mit der Zeit ersichtlich wird (z. B. verborgener Wasserschaden).
  • Im Bereich der Haftpflichtversicherung können Geschädigte direkt Ansprüche an die Versicherung des Schadenverursachers richten (direktes Forderungsrecht). Kennen sich die Beteiligten (z. B. Nachbarn) und wollen ihr gutes Einvernehmen nicht wegen eines Schadens aufs Spiel setzen, ist diese Möglichkeit sehr willkommen.

Im Rahmen der Revision wurden von mehreren Seiten weitere Verbesserungen für die Versicherten verlangt – so die Ausweitung der Informationspflicht der Versicherungen. Diese Anliegen können im Rahmen der laufenden Revision des Versicherungsaufsichtsgesetzes eingebracht werden.